Aldous Huxley

Reisen bedeutet herauszufinden, dass alle Unrecht haben mit dem, was sie über andere Länder denken.

Kalkutta City of Joy

Kalkutta hat einen katastrophalen Ruf. Die City of Joy gilt im Westen als das Sinnbild für Armut und Elend. Nach einer wunderschönen Zeit in Meghalaya und einem Zwischenstopp in Guwahati sind wir mit GoAir nach Kolkata, wie die Stadt offiziell jetzt wieder heißt, geflogen. 500 Kilometer 60 Minuten, keine 50 Euro. Die Alternative wäre eine 17-stündige Zugereise im Nachtzug gewesen. Der Flughafen in Kalkutta ist nagelneu. In wenigen Minuten haben wir unser Gepäck. Aber es gibt noch keine Metroanbindung. Die ist in Bau. Am Taxischalter eine lange Schlange. Mit der Uber-App geht es deutlich schneller einen Fahrer zum Hotel zu finden.

Kalkutta, die Hauptstadt Westbengalens, wurde 1690 Stützpunkt der Britischen Ostindien-Kompanie und war bis 1911 die Hauptstadt Britisch-Indiens. Heute hat der Ballungsraum Kolkata fast 15 Millionen Einwohner. DIe Stadt liegt an einem Mündungsarm des Ghanges, dem Hugli, der die Stadt mit dem Golf von Bengalen verbindet.

Wir wohnen in einem Vorort etwas außerhalb der Stadt. Ins Zentrum sind es gut 60 Minuten mit öffentlichen Verkehrmitteln. Auf dem Weg zum Hotel fallen die vielen Wohntürme der neu entstehenden Wolkenkratzer auf. Das haben wir so in keiner anderen indischen Stadt, die wir besucht haben, gesehen. Unser Viertel wirkt aufgeräumt. Ein Wohnviertel der Mittelschicht in Suburbia. Auf der Suche nach einem Restaurant wirkt das Vierel wie ausgestorben. Es sind kaum Menschen auf der Straße. Auch Kühe gibt es keine. Sehr ungewöhnlich für Indien.

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Nach einem kleinen Spaziergang finden wir dann doch noch Menschen. Ein kleines Restaurant glänzt mit überhöhten Preisen. Auf der gegenüberliegenden Seite rettet uns eine Garküche mit frischen Samosas und leckerem Lassi. Als es dunkel wird laufen wir zurück und stolpern über einen echten Supermarkt. Wir hatten uns gerade noch gefragt, ob es in ganz Indien überhaupt größere Supermärkte gibt. Jetzt stehen wir in einem. Es gibt Heerscharen von Angestellten, die zwischen den Regalen stehen und die Waren anpreisen. Ungewöhnlich. Das wichtigste an dem Supermarkt ist der Alkoholstore. Bier und Schnaps für die City of Joy. Am Ausgang muß man noch einmal den Kassenbon vorzeigen. Ein wichtiger Herr in Uniform begutachtet diesen und knipst ihn dann ab.

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Auf Demos in Deutschland wird häufig "Ich kann nichts, ich bin nichts, gebt mir eine Uniform" skandiert. Für Indien gilt das umso mehr. Ein Millionenheer von Menschen, in der Regel beim Staat oder bei einem Staatsunternehmen angestellt, trägt Uniform. Armee, Polizei, Schaffner und Hilfsschaffner. In der Regel recht faule Wichtigtuer ohne Bildung die sich darin gefallen, den Menschen das schon anstrengende Leben noch ein wenig strapaziöser zu machen.

Zurück nach Kolkata. Auf dem Weg zurück ins Hotel stehen wir dann doch noch in einer Art Slum. An einem widerlich stinkenden offenen Abwasserkanal - die Emscher ist dagegen ein lieblicher Quellbach - stehen einfache Hütten ohne fließend Wasser. Strom gibt es. In den Behausungen laufen Fernseher. Laut Wikipedia sind nur die Hälfte der EInwohner der Stadt an die Wasser und Abwasserversorgung angeschlossen.

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Am kommenden Tag geht es in die City. Das Viertel rund um den Highcourt glänzt mit Gebäuden im viktorianischen Stil. Längst vergangene imperiale Größe, von der man im ehemaligen Mutterland auf der kleinen Insel in der Nordsee noch immer ganz beseelt ist. Wir latschen uns die Füße platt und sind zu blöd, auf die Straßenbahn aufzuspringen. Laufrikschas, einst das Markenzeichen der Stadt, gibt es hier nicht mehr. Selbst Fahrradrikschas und Tuktuks sind eher selten auf den Straßen zu sehen. Es dominieren die klassischen Yellow Cabs. Der Ambassador aus heimischer Produktion sieht schön aus, ist aber eine echte Dreckschleuer und hat seinen Anteil an der immensen Luftverschmutzung in der Stadt.

Am Ufer des Hugli-River dann eine Überraschung. Es gibt wirklich eine schöne Uferpromenade zum flanieren und Bänke laden zum Verweilen ein. Es gibt Fähren auf die andere Seite der Flusses und kleine Holzboote für eine Partie auf dem Wasser warten auf Kundschaft.

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