Es war nicht Gold, welches die Spanier in ihren Kolonien fanden, es war Silber. Und sie fanden es in Potosi. Ein einzelner Berg, aus dem zeitweise die Hälfte der weltweiten Silberproduktion gehauen wurde. Der Cerro Rico ist und war ein Mythos. Potosi entwickelte sich schnell zur reichsten und auch größten Stadt der neuen Welt. Und obwohl die Stadt auf über 4000 Meter über Normalnull liegt, lebten hier schon im 17. Jahrhundert bis zu 150.000 Menschen.
Und die Menschen lebten nicht nur am Fuße des Cerro Rico. Sie starben auch im und am reichen Berg. Die lokale indigene Quechua-Bervölkerung wurde von den Spaniern gnadenlos ausgebeutet. Es gibt Schätzungen, in denen von 8 Millionen Menschen die Rede ist, die am Berg bis heute den Tod fanden. Irgendwann waren dann die bis zu 2 Meter breiten Silberadern erschöpft. Andere Metalle traten in den Vordergrund. Im Berg lagert neben Silber auch Blei, Zinn, Zink und Wolfram. Weniger lukrative Metalle, aber ergiebig genug, den Bergleuten ein geringes Auskommen zu sicher
Auch heute wird noch Erz aus dem Berg gebrochen. Wie damals unter einfachsten Bedingungen. Das wollen wir uns ansehen. In der Stadt werden Touren angeboten, in die Stollen einzufahren. Es gibt heute 270 Minen am Cerro Rico, die durch ebenso viele Bergbaukooperativen ausgebeutet werden. Damals wie heute ist es Handarbeit. Nur das Dynamit, das man auf dem Markt der Bergleute bis heute frei erwerben kann, erleichtert die Arbeit. Die Bergbaukooperativen werden gegenüber den großen, ausländischen Bergbaukonzernen bevorzugt behandelt und müssen werden Abgaben an den Staat zahlen.
Um 9 Uhr werden wir abgeholt und fahren mit einem Bus zu einer Kaue, wo wir die Arbeitskleidung für die Tour gestellt bekommen: Gummistiefel, eine einfache Hose, eine Jacke und ganz wichtig ein Helm mit Grubenlicht. Wir legen die Kleidung der Bergleute an und fahren dann zum Mercardo de Mineros. Geschenke für die Bergleute: Kokablätter, 96-prozentigen Alkohol, Dynamit und Zigaretten. Dann geht es zum Mundloch des Stollens. Es ist Samstag und nur wenige Mineros arbeiten. Ein paar Männer stehen auf dem Gelände der Kooperative und trinken Bier.
Der Stollen, den wir begehen, hat eine Länge von 2 Kilometern und mehrere Sohlen. Das Mundloch liegt auf 4100 Metern Normalnull und auf einfachen Holzleitern geht es bis zu hundert Meter in die Tiefe. Doch bevor wir in die Schächte klettern, besuchen wir den Tio. Die Quechua glauben an Mutter Erde - Pachamama - und ihren Gegenspieler und Liebhaber Tio - den Teufel. Die Vereinigung der beiden gebiert das Erz. Und daher muss dem Teufel Tio geopfert werden: Koka, Schnaps und Zigaretten. In jeder Mine gibt es Standbild des Tio wo die Mineros dem Tio huldigen. Auch wir besuchen als zuerst den Tio.
Dann laufen wir in den Stollen. Es ist stockdunkel. Nur der Schein der Grubenlampen spendet etwas Licht. Die Stollen werden durch Eukalyptusholz abgestützt und auch dem Boden befinden sich Schienen für die Loren. Wir stoßen uns mehrfach den Kopf und wir sind froh einen Helm zu haben. Die Bergleute arbeiten unter einfachsten Bedingungen und noch immer sterben hier viele Menschen. Allein in dieser einen Mine sterben im Schnitt bis zu drei Arbeiter im Jahr. Sie fallen in Schächte, erleiden Kohlenmonoxidvergiftungen, sprengen sich mit Dynamit in die Luft oder sterben an Silikose. Die Lebenserwartung eines Mineros liegt bei etwa 50 Jahren. Und das alles für maximal 3000 Bolivianos im Monat.
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