Paulo Coelho

Wer denkt, Abenteuer seien gefährlich, sollte es mal mit Routine versuchen: Die ist tödlich. 

Bikaner

Nach einer Nacht im Nachtzug kommen wir mit gut zwei Stunden Verspätung in Bikaner an. Ein Tuktuk bringt uns zu unserem kleinen Homestay Shanti House. Die sehr liebenswerte Family lädt zum Tee. Bis wir Einchecken können dauert es noch. Also entschließen wir uns das Junagarh Fort zu besuchen. Die beeindruckende Palastanlage wurde im 16 Jahrhundert durch die Maharadschas von Bikaner erbaut und diente diesen als Adelssitz.

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Der letzte Bewohner war Ganga Singh, das einzige nicht-europäische Mitglied des britischen Kriegskabinetts im 1. Weltkrieg. Auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 vertrat er das Kaiserreich Indien und war 1919 Mitunterzeichner des Vertrags von Versailles. Der Maharadscha galt als Reformer und führte in Rajasthan Wasserversorgung, Eisenbahn, Krankenhäuser und Schulen ein.

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Wir schlendern mit vielen indischen Besuchern durch die engen Gänge des Palastes. Ganz zu Anfang fallen die Handabdrücke in der roten Sandsteinmauer des Forts ins Auge. Bei den Handabdrücken handelt es sich um Abdrücke der Frauen der frühen Maharadschas, die nach dem Tod ihrer Männer Selbstmord begingen. Ob der Tod der Frauen wirklich freiwillig war, will ich bezweifeln.

Gegen kurz nach 11:00 Uhr ist es jetzt im September, in den letzten Wochen des Monsuns, heiß. Hinzu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit, die jede Bewegung zur Anstregung werden läßt. Wir setzen uns in ein nettes kleines Restaurant unter einen großen schattigen Baum und trinken Tee und Limonade. Zurück zu unserem Homestay in der Altstadt lau´fen wir die eineinhalb Kilometer. Eine falsche Entscheidung - jetzt nach dem Bikaner erwacht ist, ist es mindestens genau so laut und wimmelig wie Old Delhi.

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Am Nachmittag setze ich aus und Anke fährt allein zur Kamelauszuchtstation. Ich muß meiner Gesundheit Tribut zollen und lege mich unter den Ventilator pennen.

Am nächsten Morgen geht es einigermaßen ausgeruht zum Bahnhof Bikaner Junction. Mit dem Zug um 9:30 Ur fahren wir in das kleine Dorf Deshnok an der pakistanischen Grenze. Im Karni-Mata-Tempel leben tausende Ratten, werden von den Pilgern verehrt und mit Speisen gemästet. Die bedauernswerten Geschöpfe sehen nicht wirklich gesund aus. Wir ziehen vor dem Tempel die Schuhe aus und latschen barfuß in das Heiligtum.

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Nach einer Weile läuft mir eines der Viecher über die Füße. Auch wenn man eine weiße Albinoratte erblickt soll das Glück bringen. Wenn`s hilft. Ich muß auf jeden Fall den Tempel recht schnell wieder verlassen. Es ist schmierig und es stinkt. Glück hin oder her.

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