Schon auf der Fahrt von Mekele nach Lalibela zwickt der Magen. Ich liege hinten auf der Pritsche des Geländewagens und sehne die Ankunft herbei. Der Weg zieht sich. Fahrzeugwechsel und Mittagspause in Waja. Es ist schon Dunkel als wir das Alif Paradise Hotel erreichen. Lalibela, Neu-Jerusalem, ist eine heilige Stadt der äthiopisch-orthodoxen Kirche. In die rote Basaltlava rund um den Ort wurden im 13. Jahrhundert mehrstöckige Kirchen getrieben. Aufgrund der isolierten Lage der äthiopischen Kirche erbaute König Lalibela die Kirchen als Ersatz für die heiligen Pilgerstätten Jerusalem und Bethlehem.
Lalibela, nach dem der Ort benannt wurde, war der Name des wichtigsten Kaisers aus der Zagwe-Dynastie. Nach dem Zusammenbruch des Reiches von Aksum entstand hier das neue Königreich Äthiopien. Im 12. und 13. Jahrhundert ließ er elf Kirchen jeweils als Ganzes aus der umgebenden Felsformation herausarbeiten. Die Kirchen sind zum Teil über zehn Meter hoch bzw. tief. Die Gebäude zählen zu den größten von Menschen geschaffenen monolithischen Strukturen der Welt. Die heiligen Orte dienen noch immer ihrem ursprünglichen Zweck und werden von orthodoxen Pilgern aufgesucht.
Von all dem bekomme ich allerdings nicht viel mit. Nach dem Aufstehen fühle ich mich hundeelend. Nach trocken Brot und schwarzem Tee quäle noch zur Nordgruppe mit den Kirchen Biete Medhani Alem („Haus des Welterlösers“), Biete Mariam („Haus der Maria“), Biete Maskal („Haus des Kreuzes“), Biete Denagel („Haus der Jungfrauen“), Biete Golgotha Mikael („Haus des Golgota Mikael“). Obwohl die Kirchen nur wenige hundert Meter von unserem Hotel entfernt liegen, brauche ich fast eine Stunde bis ich dort bin. Ich muß immer wieder stehen bleiben und habe in der Höhe Lalibela - der Ort liegt auf 2500 Meter über Normalnull - nur Kraft für wenige Schritte.
Es hat keinen Zweck. Ich schleppe mich zurück zum Hotel, drücke meinem Reisegefährten die Kamera in die Hand und lege mich ins Bett. Der äthiopische Montezuma hat zugeschlagen. Seine Rache zwingt mich in die Kissen. Dieses Welterbe der Menschkeit kann ich mir leider nicht ansehen. Der letzte Ankerpunkt auf dem Historic Circuit in Äthiopien bleibt unentdeckt.
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